Ich Spüre ein leichtes Ziehen im Bauch. Nur ganz sacht und nicht schmerzhaft aber doch mit einem gewissen Nachdruck. Und ich weiß, dass das das Fernweh ist. Die Sehnsucht mich in ein neues Abenteuer zu stürzen und die Robustheit und Schönheit eines neuen Landes kennenlerne. Eines, wie Thailand.
Backpacking ist etwas, dass man nicht lernen kann. Das hat man im Blut. Oder eben auch nicht.
Ich habe getestet. Zwei Monate Thailand, zwei Monate der rote Rucksack und ich. Vier Oberteile, zwei Hosen. Drei paar Socken. Mein Teddybär, ein Reisekissen. Ja, ihr habt richtig gelesen. So ein Reisekuscheltier habe auch ich das mich begleitet, wenn es mich mal wieder in die Ferne zieht. Das mit mir die Luft von andern Ländern schnuppert und sich tröstend zu mir legt, wenn das Heimweh seine tückischen Finger nach mir ausstreckt. Anfang des Jahres 2014 habe ich meine Wohnung in Berlin aufgegeben, meine Möbel bei meiner wenig begeisterten Mutter untergestellt und bin mit meiner besten Freundin einfach drauf los geflogen. Den Reiseführer, wollte ich das erste Mal irgendwo zwischen Dubai und Flugzeug lesen. Ich hatte weder eine Leidenschaft für die asiatische Sprache oder Kultur. Noch mochte Reisgerichte, Süß-Saures und von scharfem Essen wurde mir schlecht. Wird es mir übrigens bis heute noch. Dennoch hatte ich am Flughafen nicht den Hauch von Lampenfieber. Die Reise wurde mit einer Gelassenheit angetreten, als hätte ich eine Woche pauschal Urlaub in Griechenland gebucht.
Ich weiß bis heute nicht, ob ich Thailand anders empfunden hätte, wenn ich mich Monate vorher darauf vorbereitet hätte was ich sehen wollen würde in dem fremden Land. Wenn ich es eine Woche lang geübt hätte, stets die selben Sachen zu tragen und meinen Kleiderschrank bewusst immer wieder aus und eingeräumt hätte. So jedoch, wurde ich ins kalte Wasser geworfen. Musste das atmen neu lernen. Und das tat ich. Ich lernte Thailand zu atmen, mit jedem Tag ein bisschen mehr den ich in diesem einzigartigen Land verbrachte. Meine ganzen zwei Monate in Worte zu fassen, die Menschen zu erwähnen die ich unterwegs traf und die Wochen zu etwas besonderem machten, die Orte aufzuzählen, meine Gefühle versuchen erneut zu fühlen und euch dies Nahe zu bringen – all dies würden den Rahmen des ganzen sprengen. Was ich jedoch mit Sicherheit sagen kann ist, dass diese Reise meine Wahrnehmung auf mein Leben verändert hat.
Das dauernde hin und her schaukeln in den Reisebussen mit denen wir uns auf der Insel von Ort zu Ort von Stadt zu Stadt bewegen strapaziert meinen Magen und hin und wieder lasse ich mich einfach sacht in den schlaf Schaukeln, um die Fahrt schneller herum zu bekommen. Um meinen Kopf mal abzuschalten. Noch nie in meinem Leben hatte ich schon einmal so viel Zeit für mich.
Wenn der Bus kurz anhält, um weitere Reiselustige ins Innere zu lassen, und seine Türen öffnet schlügt mit heiße,abgestandene Luft entgegen als würde mir jemand einen feuchten Lappen ins Gesicht schlagen. Draußen sind 45Grad im Schatten.
Kaum sind die Tür wieder geschlossen, klimatisiert der Bus so rapide herunter, dass wir einen Schal, Pullover, Wintersocken und sämtliche Kleidungsstücke brauchen die sich im Handgepäck noch finden lassen.
Während unsere Freunde und Familie sich zuhause in den frühen Morgenstunden gerade noch ziemlich verschlafen an deinem Kaffee festhalten und vor sich hin grummeln bin ich schon seit neun Stunden wach. 5 Stunden geschlafen, den dritten Tag kaum etwas gegessen. Haare werden zu zweit mit einem Glas gewaschen, die wenigen Kleidungsstücke höchstens einmal dir Woche im Waschbecken. Eine Wäscheleine gibt es seltenst und so werden die Sachen auf Stühlen oder dem Duschkopf aufgehangen und auf dem Bett ausgebreitet. Auf den Toiletten setzt man sich nicht hin,Klopapier gibt es nicht dafür eine Handdusche. Ein Hauch von Ekel und sich dreckig fühlen ist zu unserem stetigen Begleiter geworden. Wir sind zerstochen, strapaziert. Mit dem trinken kommt man bei der Hitze gar nicht erst hinter her.
Ein Hauch von Heimweh in der Luft. Manchmal ist es anstrengend so machtlos zu vermissen und niemanden sehen zu können. Manchmal war es anstrengend, so weit von Zuhause weg zu sein. Die Mentalität, dass man alles ja eigentlich erst an dem Tag organisieren könnte für den man es auch wirklich braucht, steckt an. Und wenn man nur lange genug wartet, dann stellt man immer wieder fest, dass doch noch noch alles irgendwie klappt. Einen Flug für Montag kann man nicht früher am Abend davor buchen, aber auch das hat Zeit. Wir beginnen das Leben gelassener wahrzunehmen und intensiver zu spüren. Der Way of live der Thailänder wird auch zu dem unseren. Die deutsche Gehetztheit, der Wunsch nach Organisation lässt von einem ab und man spürt das erste mal, wie verklemmt doch eigentlich alles Zuhause ist.
Tagtäglich benutzen wir unsere Toilette ohne uns dessen Luxus bewusst zu sein. Wir kaufen Lebensmittel, auf die wir ausgerechnet heute hunger haben oder womit wir den Partner glücklich machen können oder schlafen in unserem Bett mit dem Gedanken, dass man nach zwei Jahren doch mal wieder die Matratze auswechseln könnte, der Rücken hängt schon ganz schön durch.
Durch Thailand habe ich das leben neu gelernt. Ob es jedem Backpacker so ergeht, kann ich nicht beurteilen. Nächstes Jahr geht es noch einmal los und ich werde sehen, ob ich die selben Erfahrungen noch einmal mache. Ob ich es wieder schaffe, im Takt mit einem völlig fremden Land zu atmen. Oder ob es davon abhängt, wie modern das Land ist. Das Leben vor Ort. Ich habe gelernt, das mehr wertzuschätzen was ich schon habe anstatt mich über das zu beklagen, was mir fehlt. Ich versuche den Menschen in meiner Stadt offener zu begegnen, mit einem lächeln auf den Lippen, aufgeschlossen und immer jeden Tag aufs neue meine eigenen, kleinen Vorurteile loszuwerden.
Backpacking ist etwas das man nicht lernen kann. Das hat man im Blut. Oder eben auch nicht.
Zwar stecke ich noch in den Kinderschuhen, aber meine Ideen sind zahlreich und meine Leidenschaft groß. Ich würde mich freuen, wenn du mich ein Stück begleitest.
3 Antworten
Der Text liest sich unglaublich inspirierend!
Ich überlege auch 4,5 Wochen mit dem Rucksack durch Thailand zu reisen, allerdings alleine ohne Begleitung. Fandest du es sicher dort und hättest du es auch alleine gemacht?
Grüße, Sina
Das liest sich nach einer großartigen Erfahrung. Vielleicht in manchem Moment nicht direkt so empfunden, aber das was Du mitgenommenen hast, lässt sich nicht in zwei Wochen Pauschalurlaub erleben.
Ich bin auf Fernreisen meistens mit dem Backpacker unterwegs und genieße es mittlerweile mit so wenig Gepäck unterwegs zu sein, während man zu Hause trotz prall gefülltem Kleiderschrank nie etwas zum Anziehen hat 😉