Während dieser Beitrag online geht, befinde ich mich im wunderschönen Salzburg, wo ich mit meiner Mama einen Wochenendausflug hinmache. Wer Live-Eindrücke haben will, kann mir gerne auf Instagram folgen, ansonsten könnt ihr in den nächsten Tagen auch hier mehr zu meinem Kurztrip lesen.
Heute gibt es aber erstmal ein weiteres Interview, diesmal mit der süßen Jana, der ich schon länger auf ihrem Blog und auf Instagram folge. Nachdem Jana 5 Jahre in Istanbul gelebt und gearbeitet hat, zog es sie vor wenigen Wochen weiter… nach Boston in die USA!
Wie kommt man auf die Idee als Deutsche „einfach mal so“ nach Istanbul auszuwandern?
Ich wollte nach meinem Referendariat sofort als Lehrerin (ich bin Gymnasiallehrerin für Deutsch, Englisch und Deutsch als Fremdsprache) im Ausland arbeiten und wusste, dass es in fast jedem Land der Welt mindestens eine deutsche Auslandsschule gibt. Also habe ich mich bei der Zentrale in Köln (jetzt in Bonn) beworben und wurde nach einem Vorstellungsgespräch und einem Psychotest in die Kartei aufgenommen. Mein erstes Jobangebot kam aus Kolumbien, wo ich aber nicht hinwollte, weil mir die Stadt Cali zu gefährlich war. Mein zweites Angebot kam dann aus Istanbul und ich habe sehr schnell zugesagt, weil ich die Stadt faszinierend fand – auch wenn ich vorher noch nie in der Türkei gewesen war. Aber Istanbul ist exotisch und trotzdem nur dreieinhalb Flugstunden von Deutschland entfernt. Außerdem hat mir die Schule, ein Gymnasium für hochintelligente türkische Schüler, sehr zugesagt.
Wie war die Reaktion deiner Eltern und Freunde, als du ihnen den Entschluss mitgeteilt hast?
Die haben sich für mich gefreut, weil sie wussten, dass es immer mein großer Traum war, im Ausland zu arbeiten. Allerdings haben meine Seminarleiter und Mitreferendare mich damals für verrückt erklärt, weil ich mich nicht wie alle anderen sofort verbeamten ließ. Dieses System spricht mich aber einfach nicht an.
Hattest du Probleme mit der Sprache oder der Kultur?
Ja, Türkisch ist einfach die schwerste Sprache die ich kenne – und ich habe als Erasmusstudentin in Irland sogar mal ein Jahr Chinesisch gelernt. Wenn man aber muss, lernt man gewisse Basics schnell. Leider bin ich dann auf einer recht niedrigen Sprachstufe stehen geblieben, was u.a. daran lag, dass ich auf der Arbeit nur Deutsch und Englisch sprach. Die Kulturen sind auch sehr verschieden, allerdings hat es mir geholfen, dass meine „Honeymoon-Phase“ sehr lange anhielt. Ich war einfach so verliebt in die Stadt und das Land, dass ich erst nach einem Jahr sehr kritisch wurde. Mit den Jahren habe ich mich dann an das meiste gewöhnt. Aber gewisse Dinge mag und akzeptiere ich einfach nicht, z.B. dass die Mütter den Großteil des Lebens ihrer erwachsenen Söhne mitbestimmen oder dass einen Männer ständig in der überfüllten Straßenbahn antatschen. Und Plastikteller gehen für mich gar nicht, werden aber irgendwie gerne von Türken zu Hause verwendet. Inzwischen habe ich aber auch gemerkt, dass ich in den fünf Jahren in Istanbul sehr viel der türkischen Kultur in mir aufgenommen habe und seitdem ich in Boston bin, vermisse ich alles sehr doll und benehme mich in vielen Situationen nicht „deutsch“, sondern eher türkisch.
Nach 5 Jahren in der Türkei, ging es nun vor Kurzem nach Boston. Wie bist du auf diese Idee gekommen, was hat dich an der Stadt fasziniert?
Die USA waren ein großer Traum, aber vor fünf Jahren hatte ich mich nicht getraut, mich an einer der wenigen Auslandsschulen zu bewerben. Dass ich nach Boston gehe, war am Ende eher Zufall. Ich hatte mich an mehreren Schulen beworben, aber die hier war die einzige, die ein Visum gesponsert hat. Zudem hatte ich einfach eine Menge Glück, die Stelle zu bekommen, wobei mir meine Arbeitserfahrung aus Istanbul definitiv geholfen hat. Aber jetzt gefällt mir die Stadt sehr gut, auch wenn sie gerade im Vergleich zu Istanbul eher eine Kleinstadt ist – der Großraum Bostons hat gerade einmal 750.000 Einwohner. Allerdings ist durch die Sprache vieles einfacher für mich, das kulturelle Angebot ist größer und leider sagt mir die Politik hier gerade auch bedeutend mehr zu als die der türkischen Regierung.
Hast du dich in deiner neuen Heimat schon eingelebt und wie geht’s deinem Kater Canavar in der neuen Umgebung?
Ich bin seit Anfang Juli hier, weil zu dem Zeitpunkt meine Aufenthaltsgenehmigung in der Türkei ablief, und hatte daher den ganzen Sommer Zeit, um mich an alles zu gewöhnen. So konnte ich auch viele Dinge bereits erledigen, z.B. mich in der public library anmelden oder ein Konto eröffnen. Dann habe ich ein paar Tagesausflüge unternommen, u.a. nach New York City.
Zum Glück habe ich auch eine sehr nette Mitbewohnerin und ich habe natürlich meinen türkischen Kater Canavar im Flugzeug mitgenommen. Dem gefällt unsere neue Wohnung gut, besonders das Goldfischglas unserer Mitbewohnerin – aber nur um daraus zu trinken, der Fisch ist ihm herzlich egal. Er ist ein Hauskater, weshalb das Eingewöhnen für ihn nicht ganz so schwer ist. Völlig fasziniert bin ich allerdings von dem riesigen Katzenfutterangebot, das es hier gibt. In der Türkei gibt es ein paar gängige Sorten, aber hier wird viel Wert auf die Gesundheit des Tieres gelegt. Also gibt es z.B. ganz frisches Futter im Kühlfach und viele Sorten ohne Getreide. Am tollsten ist aber, dass ich fast alles online kaufen kann – ich weiß, dass das in Deutschland nichts Besonderes ist, in der Türkei aber schon. Selbst große Pakete Katzenstreu werden hier direkt nach Hause geliefert.
Hattest Du schonmal Heimweh? Wenn ja, was hast Du dagegen getan?
Komischerweise hatte ich nie richtiges Heimweh nach Deutschland, aber seitdem ich hier bin, vermisse ich die Türkei sehr. Deshalb gehe ich alle zwei Wochen in ein kleines Kino hier, wo dann jeweils ein türkischer Film gezeigt wird. Ich nenne das meine zwei Stunden Heimwehzeit. Aber da ich mich ganz alleine für die USA entschieden habe, muss ich da auch selbst durch. Es wird bestimmt besser, je länger ich hier bin. Ansonsten fliege ich in den Ferien einfach meine Freunde in Istanbul besuchen.
Was sind deine Zukunftspläne?
Erst einmal möchte ich hier ganz ankommen und mich richtig einarbeiten. In naher Zukunft möchte ich das Land bereisen und auch den Rest des Kontinents. Ich hoffe, dass ich lange hier bleibe, weil die USA so ein großer Traum von mir waren. Aber wer weiß, wann oder ob ich wieder hibbelig werde und weiterziehen will … Beruflich gesehen unterrichte ich am allerliebsten Deutsch als Fremdsprache und hoffe, dass das in den nächsten Jahren mein Schwerpunkt bleibt.
Welchen Tipp würdest du Menschen geben, die auch überlegen auszuwandern?
Auswandern macht man nicht mal einfach so, das braucht mehrere Monate Vorbereitungszeit und kostet schnell einige tausend Euro. Ich selbst würde nie ohne einen neuen Job irgendwohin ziehen, weil ich ein gewisses Maß an Sicherheit brauche. Je nach Land, z.B. in den USA sind die Lebenshaltungskosten auch sehr hoch. Außerdem muss man bereit sein, die Landessprache zumindest bis zu einem gewissen Niveau zu lernen, um nicht von anderen abhängig zu werden. Ich finde, man muss bereit sein, um sich auf das neue Land, die neue Kultur einzulassen, weil es schade ist, als Expat in einer Parallelgemeinschaft zu leben und von dem richtigen Leben wenig mitzubekommen. Das Abenteuer und der Spaß beginnen aber da, wo man seine eigenen Grenzen überwindet, seine Komfortzone verlässt – und dann macht man vielleicht plötzlich alleine einen Roadtrip durch den Osten der Türkei, von Kars nach Van, und sieht die allerschönsten Ecken des Landes.
3 Antworten
Ich hoffe die Frage ist nicht zu persönlich, aber wie machst du das mit Beziehungen / Partnern? Hattest du in der Türkei einen Freund, oder vor deiner Auswanderung einen Freund, oder warst du Single? Wärst du auch mit Partner ausgewandert?
Hallo Silke! Ich war bei jedem Umzug Single, aber wäre auch mit einem Partner ausgewandert. In der Türkei hatte ich eine dreijährige Beziehung mit einem Türken und in der Zeit haben wir auch viel darüber geredet, in welches Land wir zusammen als Nächstes ziehen wollen. Ich behaupte mal, ich suche mir generell Partner, die ähnlich denken wie ich und offen für neue Länder und Kulturen sind.
Ich hätte da auch noch eine sehr persönliche Frage und hoffe das ist okay für dich 🙂
Ich hab mich inzwischen schon umfassend informiert, was das Auswandern betrifft und bin inzwischen auch überzeugt, dass ich es nicht machen würde, ohne vorher einen festen Job im Zielland zu haben (also müsste ich mich in ca. einem dreiviertel Jahr anfangen zu bewerben, damit ich genug Planungszeit habe). Du schreibst, dass man schnell mehrere tausend Euro ausgeben kann für Umzug, Visum etc.
Kannst du da in etwa einen Richtwert angeben? Ich habe nicht gerechnet, viele Dinge aus Deutschland mitzunehmen, sondern hier zu verkaufen und dann vor Ort erst bei Freunden unterzukommen und dann eine Wohnung zu mieten. Da die Kosten für das Visum das Unternehmen übernehmen würde, würde ich mich von deiner Seite mal so ein bisschen über eine kosten- und zeittechnische Einschätzung freuen 🙂
PS: Ich denke, es wäre bei mir ähnlich wie bei dir mit der Türkei von den Lebenshaltungskosten her und es handelt sich auch um kein EU Land 🙂
Liebe Grüße,
Kathi