Interview: Ich bin freier Journalist, Reisebuchautor und Fotograf

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Auch während meines Urlaubs sollt ihr natürlich neues Lesefutter bekommen, und da mein letztes Interview so gut ankam, habe ich wieder einen spannenden Gesprächspartner gefunden. Diesmal dreht sich alles um Robert, einen freier Journalist, Reisebuchautor und Fotograf. Wie er zu seinem Job gekommen ist, seine prägendste Reiseerfahrung und mehr, könnt ihr nun nachlasen…

Lieber Robert, kannst du dich kurz meinen Lesern vorstellen?

Ich bin freier Journalist, Reisebuchautor, Fotograf und Radio-Autor. Dazu blogge ich über mein (Journalisten)-Leben, meine Reisen und betreibe einen Foto-Blog. Spezialisiert habe ich mich auf Städtereisen und auf Fragen einer nachhaltigen Entwicklung und nachhaltigen Wirtschaftens – im Tourismus und anderswo. Dabei suche ich vor allem positive Beispiele, also Leute, die etwas voranbringen, das andere als Anregung und Vorbild dienen kann. Über solche Projekte berichte ich am Liebsten. Skandale und Missstände aufdecken finde ich ebenso wichtig, aber das machen schon so viele, die in ihren Redaktionen viel mehr Mittel und Know How für investigative Recherche haben als ein Einzelkämpfer.

Soweit ich gesehen habe, hast du Jura studiert, bist nun aber in einer ganz anderen Branche gelandet. Wie kommt man vom doch „seriösen“ Jura-Studium dazu plötzlich als Journalist, Fotograf und Reiseleiter zu arbeiten?

Der Weg verlief anders herum. Ich wollte nach Abi und Zivildienst Journalist werden. Damals (Anfang der 80er) gab es nicht so viele Ausbildungsangebote für Journalisten: Drei renommierte Journalistenschulen oder ein paar Volontariate bei großen Zeitungen und Sendern. Wer da einen der raren Plätze ergattern wollte, brauchte Berufserfahrung und in den meisten Fällen ein abgeschlossenes Studium. Ich folgte dem Rat vieler Fachleute, erst mal etwas „vernünftiges“ zu studieren: BWL oder Jura. Weil man für BWL gut in Mathematik sein musste, bin ich unter die Juristen geraten.

Wie in etwa kann man sich deinen Beruf vorstellen? Wie kommst du an Aufträge ran?

Das ist das Schwierigste. Aufträge bekomme ich selten. Meist suche ich mir Geschichten, die mich interessieren und biete sie den Redaktionen an: Anrufen, mailen, wieder anrufen und so weiter. Da komme ich mir manchmal wie ein Vertreter vor, der den Fuß in die Tür stellt, wenn ihn sein Opfer rausschmeißen will. Ein Spruch besagt: „Journalisten sind die, die zur Hintertür wieder hereinkommen, wenn man sie vorne hinausgeworfen hat“. Der Vorteil: Ich mache vor allem das, was mir gefällt und was ich wichtig finde. Bei Aufträgen bestimmt der Kunde das Thema und die Umsetzung. Das kann auch spannend sein…

Du schreibst in einem deiner Beiträge „Behaltet Eure Jobs, so lange ihr es dort noch gut aushalten könnt.“ und lobst nicht den Trend sich selbstständig zu machen und als digitale Nomade zu leben in den Himmel. Bereust du es selbstständig zu sein? Was siehst du als Vor- und Nachteil?

Meine Selbstständigkeit bereue ich nicht. Im Gegenteil. Ich liebe meine Freiheit, auch wenn sie ihre Schattenseiten hat: Selbstständige arbeiten immer selbst und ständig. Da ist was dran. Mir sagt niemand, wann ich anfangen muss und wann Feierabend ist. Am Rechner zuhause locken immer Ablenkungen: Mails, facebook, schönes Wetter, Einkaufen, …. Gleichzeitig denke ich an unerledigte Jobs, wenn ich etwas anderes mache. Ich brauche reichlich Selbstdisziplin, um mich und meine Arbeit zu organisieren. Dafür kann ich auch mal mitten in der Woche an einen See fahren, wenn es mir zu heiß wird. Und arbeiten kann ich mit Laptop und Handy fast überall. Nervige Chefs bleiben mir erspart. Dafür vermisse ich den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Wo ich wohne gibt es kaum freie Journalisten und die wenigen, die hier leben, machen ganz andere Dinge.

Was war für dich bis jetzt die schönste/prägendste Reiseerfahrung?

Das sind Begegnungen mit Menschen, die mich begeistern oder deren Geschichte mich sehr berührt: Ich habe vor Jahren ein langes Interview mit einer Überlebenden des Ghettos in Minsk geführt und in Riga den Mann kennen gelernt, der im Alleingang gegen alle Widerstände ein kleines Museum für die dortigen Opfer des Holocaust aufgebaut hat. Auch das Gespräch mit Farah, einem 17jährigen Flüchtling aus Ostafrika hat mich tief bewegt. Aus Kenia musste er fliehen, weil er dort nicht schwul sein durfte. Er hat es unter Lebensgefahr nach Malta geschafft und macht dort seinen Weg. Mit der Geschichte kann ich zeigen, dass Flüchtlinge, über die sich hier so viele aufregen, eine grandiose Bereicherung für uns sein können. Das freut mich besonders.
Wo ich solchen Menschen begegne, ist gar nicht so entscheidend. Allerdings bin ich auf Reisen offener als im Alltag, weil ich mich unterwegs nur auf die aktuellen Eindrücke konzentrieren kann und mich um nichts anderes kümmern muss. Das ist ein Teil der Faszination, die das Reisen für mich hat.

Hast du dich schon einmal in eine Stadt oder in ein Land verliebt, sodass du am liebsten immer wieder dorthin reisen würdest? Käme für dich sogar eine Auswanderung in Frage?

Am wohlsten fühle ich mich in den keltisch geprägten Ländern: Bretagne, Schottland, Irland. Das Baskenland hat mir auch besonders gut gefallen, vor allem San Sebastian / Donostia. Ich mag die Stimmung dort, die Mentalität der Leute, das Licht und das Klima. In die Bretagne wäre ich fast schon ausgewandert. Wichtig ist für mich auch, dass ich mich gut verständigen kann. Osteuropa mag ich auch sehr, aber da fehlen mir die Sprachen.

Wohin führt dich deine nächste Reise? Welche Reiseziele stehen bei dir noch auf den Plan?

Im August gehts noch für eine Reportage nach Chemnitz, diesmal eine Auftragsarbeit, im September dann nach Breslau/Wroclaw, der Europäischen Kulturhauptstadt 2016. Die Kulturhauptstädte bearbeite ich seit zwölf Jahren. Die haben mich fast alle mit ihren Umbrüche, Gegensätzen und Widersprüchen begeistert, übrigens auch Linz, das ja keinen guten Ruf hat. Ich liebe Überraschungen.

Wo siehst du dich in 10 Jahren?

Gute Frage. Eigentlich will ich gar nichts anderes machen, aber leider wird es immer schwieriger, Reisegeschichten zu verkaufen. Für immer mehr Arbeit bekommt man immer weniger Geld. Die Zahl der Abnehmer sinkt, das Angebot wächst.

Mehr von Robert könnt ihr auf seiner Website lesen! Solltet ihr auch eine spannende Reise- oder Lebensgeschichte auf Lager haben, könnt ihr mir gerne eine Mail schicken. 🙂

Eine Antwort

  1. Ich entschuldige mich aufrichtig für diesen Kommentar! Aber ich teste einige Software zum Ruhm unseres Landes und ihr positives Ergebnis wird dazu beitragen, die Beziehungen Deutschlands im globalen Internet zu stärken. Ich möchte mich noch einmal aufrichtig entschuldigen und liebe Grüße 🙂

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